Stufen by Christian Morgenstern


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Page 46

* * * * *

Im Himmel, k�nnte man sagen, wird es wenigstens keine Briefe mehr geben.
Man wird zwar seine s�mtlichen Brieftr�ger dort wiederfinden -- denn der
Brieftr�ger kommt eo ipso in den Himmel -- aber sie werden alle selige
Engel und au�er Dienst sein und nicht mehr das unberechenbare Schicksal
deiner Tage und N�chte.



1907


Alles J�dische ist vorwiegend destruktiv. Jesus, der gr��te Jude, ist auch
der gr��te Destruktor der 'Welt'. Spinoza ist nichts andres und wird darum
auch von dem j�ngsten j�dischen Destruktor Mauthner in seiner Eigenschaft
als Antiteleologe �ber alle andern Denker erhoben. Mit Mauthner selbst
kommt vielleicht die tollste Zerst�rung in Gang, die die Geschichte des
Geistes bisher erlebt hat. Man halte wider diese d�monischen Revolution�re
den Moralkritiker Nietzsche und man hat den ganzen Gegensatz zweier wie
Feuer und Wasser verschiedener Welten. In Nietzsche ist alles ein
Schaffen, Bauen, Konstruieren, Befehlen, Bestimmen; der Zweck heiligt ihm
alle Mittel, er lebt und stirbt f�r selbstgeschaffene, irdische, hiesige
Ideale. Er will das Furchtbare der menschlichen Existenz durch den Willen
adeln, formen, �berwinden. Alles in ihm ist Zuchtgedanke. Die Juden sind
die Opponenten der Schaffenden, ihre Korrektoren, ihre b�sen Gewissen.

Es ist wundervoll, in dieses wahrhaft weltgeschichtliche Dissonieren
hineinzuhorchen.

Eine interessante Mischung von beiden ist der Mystiker, ist f�r mich vor
allem Meister Ekkehart. Spinoza war so nahe an der Mystik, wie nur ein
j�discher Denker sein kann, aber er betrat ihr Reich nicht. Er war zu klug
dazu, oder, anders ausgedr�ckt: die Leidenschaft des Schaffenden war nicht
so sehr in ihm, wie die Leidenschaft des Erkennenwollenden. Daher auch
seine Heiterkeit. Willenspassion und Heiterkeit vertragen sich nur sehr
zeitweilig, das wu�te auch Schopenhauer. Spinoza sah wie Christus �ber die
'Welt' hinweg. Den Germanen aber ist diese 'Welt' doch zu sehr selbst
Gegenstand, Kunstmaterial, Entwickelungsstoff, sie wollen nicht so sehr
�ber die Welt hinaus, als in sie hinein. Goethe nahm sich von Spinoza die
Freiheit, das gute Gewissen. Spinoza mu�te ihm eine B�rgschaft mehr sein,
da� dieser verha�te Wahn von einem au�erweltlichen Gott eben nur ein Wahn
sei. Und nun mit dieser best�rkten Souver�nit�t in sich ging er hin und
wirkte sein Leben mit jedem Atemzuge in das Leben hinein, das er um sich
vorfand, befruchtete sich aus ihm und es mit sich und wurde so 'in der
Beschr�nkung' der 'Meister', als den wir ihn immer wieder erleben.

* * * * *

Alles �ffentliche Leben ist wenig mehr als ein Schauspiel, das der Geist
von vorgestern gibt, mit dem Anspruch, der Geist von heute zu sein.

* * * * *

For the happy fews -- sollte das doch aller Weisheit Schlu�wort zur
�ffentlichkeit sein?

* * * * *

F�r mich begehre ich nicht viel, wenn ich aber Talente sehe, die ein
gro�es Volk in seiner Unwissenheit, Gleichg�ltigkeit und Kleinlichkeit
verk�mmern l��t, dann steigt mir der Zorn auf.

* * * * *

Ich kann an Polen nicht ohne ein tiefes Unbehagen, ja nicht ohne Grauen
denken. Ich m�chte lieber selbst ein Pole sein, um gl�hend an der inneren
Wiedergeburt dieses Volkes mitzuarbeiten, als so von au�en dem Schauspiel
seiner Schmach und Schw�che beiwohnen zu m�ssen.

* * * * *

Am Vollblut sp�rst du sofort, was Adel ist, beim Menschen wirst du's nicht
gelten lassen. Wohin k�me ein stiller Beobachter, wenn er die
gegenw�rtigen deutschen Zust�nde an einigen gro�en Gedanken Paul de
Lagardes messen, nein, nicht nur sie messen: wenn er sich unwillig von
allem gegenw�rtigen Leben zur�ckziehen wollte, weil es ihrem erhabenen
Ernste so gar nicht entspricht? Dahin, wo er am wenigsten verharren
m�chte: ins Land der Verbitterung, der Lebensfeindlichkeit, der
Verneinung. -- Aber eine best�ndige Trauer, wenn er bedenkt, welche Wege
die Entwickelung h�tte einschlagen k�nnen und welche sie eingeschlagen
hat, wird ihn nicht verlassen, und sie und ihre geheime Wirkung wird der
Tribut sein, mit dem sich der Geist eines Gesetzgebers wird bescheiden
m�ssen, den die Deutschen nicht verdient haben.

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Books | Photos | Paul Mutton | Mon 22nd Dec 2025, 23:48