Stufen by Christian Morgenstern


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Page 37

Mag sein, da� ich nichts von alledem t�te, wenn ich Schauspieler w�re, das
hei�t nat�rlich auch meiner ganzen Veranlagung nach, nicht nur nominatim,
Schauspieler; aber nun, da ich bin, was ich bin, glaube ich, ich w�rde das
tun, wenn ich das w�re.



1907


Man mag das Wort 'Schmiere' zu seiner Bildung zum Theaterkritiker
brauchen, aber es wird von wahrer Urbanit�t zeugen, wenn man es sp�ter
jemals wieder zu brauchen -- ablehnt.

* * * * *

Wenn es einem Kritiker Freude macht, sich einen Schaffenden im Sinne eines
Sch�pfers zu nennen, so soll man ihm die Freude lassen. Der liebe Gott
wird dann schon einmal zu ihm sagen: 'Schaffe eine Maus,' -- 'O nein,'
wird der Kritiker antworten, 'so ist nicht die Gabe meines Schaffens. Gib
mir ein Nashorn oder ein K�nguruh, so will ich dir sagen, was ich daran
falsch und was ich daran richtig finde, und auch sonst werde ich noch
manches zum Thema sagen, was vielleicht interessanter ist als das ganze
K�nguruh oder das ganze Nashorn,' -- 'Ja, ja,' wird der liebe Gott sagen,
'das mag wohl sein, aber wenn ich nun so klug gewesen w�re wie du -- was
h�tte ich dann wohl anfangen sollen? Wie h�tte ich die Welt wohl aus mir
heraussetzen sollen, wenn ich erst etwas bereits Herausgesetztes h�tte
vorfinden m�ssen, um mich an ihm herauszusetzen, oder anders ausgedr�ckt,
um daran in deiner Weise sch�pferisch zu werden?'

* * * * *

Wenn einer vorliest! was denkst, was f�hlst du da alles! ... aber weil du
(auch) zuh�rst, so wirst du ein Zuh�rer gehei�en. Als ob dich das
ersch�pfen k�nnte: "der 'Zuh�rer' war ganz ergriffen" -- O gewi�, aber
vielleicht nicht blo� als Zuh�rer.

Der Klang der Stimme (z.B.) hatte dich vielmehr an einen Winterabend
erinnert, an dem einmal jemand zu dir gesagt hat: 'Das also hast du vor,
diesen Weg willst du gehen!' .. Aber das k�mmert den wenig, der vorliest.
Er 'liest vor' und du 'h�rst' zu. Ich m�chte, da� du daraus ersiehst, wie
armselig es ist, wenn man dich beispielsweise im Theater einfach als
'Zuschauer' bezeichnet und behandelt. Jawohl, du schaust freilich (auch)
zu, aber daneben -- was ist alles daneben noch m�glich -- was begibt sich
alles in dir noch daneben. Wir sollten uns alle wider den Bann solcher
W�rter str�uben. Es ist, als b�nde uns einer eine starre Maske mit nur
einem Gesichtsausdruck vor, aber die Maske ist nur suggeriert -- erwachen
wir doch und erkennen, da� wir auch im Theater nicht Zuschauer allein
sondern unendlich viel mehr, n�mlich durch keine Bezeichnung zu
ersch�pfende Wesen sind, und da� wir daher auch im Theater alles erleben
d�rfen, was ein Mensch nur immer geistig erleben kann, und nicht nur, was
ein 'Zuschauer' erleben darf. Aber wir sind so �ber und �ber im Bann von
Bezeichnungen, da� wir aus lauter Pflichtgef�hl ihnen zu entsprechen,
keinen freien Gedanken mehr zu denken wagen, und nach einem innerlich
noch so reichen Theaterabend dennoch von einem verlorenen Abend reden
zu m�ssen glauben, weil wir als 'Zuschauer' nicht ganz auf die Kosten
gekommen sind. --



1908


Zum Gastspiel des Moskauer K�nstlertheaters.

Nicht nur das Volk, auch die Kritiker haben dem Zauber der Russen -- und
nicht nur Stanislawskis -- nicht widerstehen k�nnen, warum wohl? Weil von
den Russen das ausging, was in den Deutschen heute h�chstens als
Privatsache, aber nicht als Unterton ihres ganzen nationalen Lebens lebt:
Liebe, Liebe zu einander, zu uns, zu ihren Dichtern, wortlose,
unausgesprochene, uneingestandene aber selbstverst�ndliche Liebe. Es gibt
kein anderes Wort, h�chstens da� man noch sagte: innere Religiosit�t.
Hieraus quoll die letzte Sch�nheit dieser K�nstler. Und zu ihr k�nnten
auch wir uns hinank�mpfen und hinanleiden, wenn wir nicht mit kaltem
Kritizismus, mit Theorien, Wunsch-Luftspiegeleien aufeinander loshackten,
sondern verstehend und liebend einander zu f�rdern, einander zu steigern,
einander zu vervollkommnen suchten.

* * * * *

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Books | Photos | Paul Mutton | Mon 22nd Dec 2025, 5:26