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Page 6
Die abendliche Fensterstunde war schon Erl�sung; das Beisammensein mit
der Stra�e als Abgrund dazwischen reizte Sylvester zu verwegenen Pl�nen;
Rahel lie� sich gen�gen, bis sie die sch�renden Worte des Freundes
besser begriff. Ihr war ja das Wort noch neu; es mu�te keimen, vom Mund
zum Ohr konnte es noch nicht Beute der Sinne werden, aber von der Nacht
zum Morgen schlug es Wurzeln, und dann kam sie ergl�ht wieder. Sie war
ohne die Gabe der Verstellung; ihre Freude, ihre Hoffnung, ihr
Erstaunen, alles pr�gte sich in frische M�nze des Ausdrucks um; wenn er
ihr Blumen hin�berreichte, wurde sie stumm und bleich vor Dank, und
sogleich malte sich die Ratlosigkeit in ihren Z�gen, wie sie das
Geschenk vor den Augen des Vaters verbergen k�nne.
Einmal brachte er ihr rote Rosen; sie geriet au�er sich; sie hatte nicht
gewu�t, da� man im November Rosen haben k�nne, und sie schaute ihn an
wie einen Zauberer. Mit einem fast verst�rten Entz�cken fragte sie
wieder, wohin sie damit solle; Sylvester sagte, sie m�ge sie unter das
Kopfkissen ihres Bettes legen, doch eine, bat er, m�ge sie an ihrer
Brust bewahren. Sie nickte, und ein L�cheln huschte �ber ihr Gesicht; da
verlangte er, da� sie es vor seinen Augen tun solle, aber sie fragte
verwundert, weshalb er dies w�nsche. Er antwortete nur, indem er seine
Bitte dringlicher wiederholte. Rahel sch�ttelte betr�bt den Kopf. Nun
stellte sich Sylvester verletzt, und sie, mit erstickter Stimme,
beschwor ihn, von solcher Forderung abzulassen. Er entgegnete kalt, ob
sie an ihrer Sch�nheit zweifle, er selbst m�sse zweifeln, weil sie sich
so ziere, und sogleich machte er Anstalten sich vom Fenster zu
entfernen. Als sie sah wie ernst es ihm schien, war sie bereit, ihm zu
willfahren, und obwohl ihr anzumerken war, wie sie sich vergebens m�hte,
den Sinn seines Willens zu ergr�nden, �ffnete sie ihr Gewand und steckte
die erbl�hteste unter den Rosen zwischen das Hemd und den K�rper.
Sylvester gewahrte die wei�e Haut; dunkel bewegt faltete er die H�nde
gegen Rahel. Endlich verstand sie ihn. Wie ein Licht strahlte es aus
ihren Augen, in dieser Sekunde erwachte das Weib in ihr. Es dr�ngte sie,
seine Hinneigung, von der sie Gewi�heit zu haben glaubte, zu belohnen
und ihm durch eine Tat zu beweisen, da� sie sie verdiene; da streifte
sie mit einer keuschen L�ssigkeit Kleid und Hemd v�llig von den
Schultern und der B�ste herunter und stand vor ihm wie eine Herme aus
Opal. Es sah aus, als ob der Lampenschein ihren Leib durchgl�he, und die
sch�ne Rose, deren Stengel noch innen hinter dem G�rtel festgehalten
war, glich zwischen den wei�en Br�sten einem Wundmal. Ein s��
bescheidener Triumph lag in ihrer Haltung, und w�hrend Sylvester sie
regungslos anschaute, gr��te sie ihn mit einem fast m�tterlichen Neigen
des Hauptes, dann schlo� sie das Fenster und zog die Gardine zu.
Es wird Zeit, dies Gespinst zu Ende zu spinnen, sagte sich Sylvester in
einer angenehmen Trunkenheit; es soll mich nicht fesseln, es soll mich
nur besch�ftigen. Am andern Abend warf er ihr ein Briefchen hin�ber,
dessen sorgsam berechnete Leidenschaftlichkeit Rahels Herz entflammte.
�Komm zu mir,� hatte er geschrieben, �komm, wenn es Nacht ist, komm zu
einem Durstigen, du selbst Verschmachtete. La� mich nicht unw�rdig um
dich betteln, Gl�ck ist ein schnellbeleidigter Gast, nur einmal wirft es
dir den goldnen Schl�ssel auf den Weg. Keine Reue ist brennender als die
um das Vers�umnis. Das Schicksal pr�ft dich, sei nicht sparsam mit dir,
sonst r�cht es sich durch einen Geiz, der dich f�r immer zu fruchtloser
Sehnsucht verdammt. Komm, ich warte. Nenn' am Tor meinen Namen, frag'
nach meinem Diener, er soll dich �ber die Treppen geleiten.�
Den Abend darauf stand er wieder am offenen Fenster. Ein kalter Regen
fiel. Vom Dom schlug es sieben, es schlug viertel und halb acht, und die
dumpfen Schritte der auf der Gasse Gehenden klangen sp�rlicher. Rahels
Fenster blieb geschlossen. Will sie mir nicht einmal Antwort geben?
dachte er zornig, und er f�hlte wieder jenen bleiernen �berdru� in sich
aufsteigen, der ihn solange beherrscht hatte. Aber jetzt knarrte hinter
ihm die T�re seines Zimmers. Er wandte sich langsam um. Die Lampe war
nicht angez�ndet, es flackerte nur eine Kerze auf dem Tisch. In dem
entstehenden Luftzug wehte der Vorhang wie eine Fahne weit ins Zimmer
hinein. Rahel schritt z�gernd �ber die Schwelle, machte leise die T�re
zu, blieb dann stehen und dr�ckte die H�nde gegen die Brust. Sie heftete
die Blicke auf den Boden, und ihr Gesicht hatte einen Ausdruck von
Tiefsinn und Verlorenheit.
Sylvester ging auf sie zu und schlo� sie in seine Arme. Sie wagte ihn
anzusehen; ihre Augen schienen zu flehen: sag' mir, wer du bist. Er
sp�rte den warmen K�rper unter dem Gewand, er sp�rte das z�rtlich
ungest�me Blut, doch in seine Freude mischte sich eine wunderliche
Trauer, und je l�nger er sie hielt, je k�hler wurde ihm ums Herz.
Nachdenklich strich er mit der Hand �ber Rahels Haar, und ebenso
nachdenklich k��te er die Schaudernde auf die Stirn und auf die Augen;
pl�tzlich lauschten beide erschrocken. Vom Flur herein drangen
streitende Stimmen. Gleich darauf wurde die T�re mit Heftigkeit ge�ffnet
und ein alter Mann mit einem wei�en Bart trat ein.
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