Der Heizer by Franz Kafka


Main
- books.jibble.org



My Books
- IRC Hacks

Misc. Articles
- Meaning of Jibble
- M4 Su Doku
- Computer Scrapbooking
- Setting up Java
- Bootable Java
- Cookies in Java
- Dynamic Graphs
- Social Shakespeare

External Links
- Paul Mutton
- Jibble Photo Gallery
- Jibble Forums
- Google Landmarks
- Jibble Shop
- Free Books
- Intershot Ltd

books.jibble.org

Previous Page | Next Page

Page 1

�Es ist ja offen,� rief es von innen, und Karl �ffnete mit ehrlichem
Aufatmen die T�r. �Warum schlagen Sie so verr�ckt auf die T�r?� fragte
ein riesiger Mann, kaum da� er nach Karl hinsah. Durch irgendeine
Oberlichtluke fiel ein tr�bes, oben im Schiff l�ngst abgebrauchtes Licht
in die kl�gliche Kabine, in welcher ein Bett, ein Schrank, ein Sessel
und der Mann knapp nebeneinander, wie eingelagert, standen. �Ich habe
mich verirrt,� sagte Karl, �ich habe es w�hrend der Fahrt gar nicht so
bemerkt, aber es ist ein schrecklich gro�es Schiff.� �Ja, da haben Sie
recht,� sagte der Mann mit einigem Stolz und h�rte nicht auf, an dem
Schlo� eines kleinen Koffers zu hantieren, den er mit beiden H�nden
immer wieder zudr�ckte, um das Einschnappen des Riegels zu behorchen.
�Aber kommen Sie doch herein!� sagte der Mann weiter, �Sie werden doch
nicht drau�en stehn!� �St�re ich nicht?� fragte Karl. �Ach, wie werden
Sie denn st�ren!� �Sind Sie ein Deutscher?� suchte sich Karl noch zu
versichern, da er viel von den Gefahren geh�rt hatte, welche besonders
von Irl�ndern den Neuank�mmlingen in Amerika drohen. �Bin ich, bin ich,�
sagte der Mann. Karl z�gerte noch. Da fa�te unversehens der Mann die
T�rklinke und schob mit der T�re, die er rasch schlo�, Karl zu sich
herein. �Ich kann es nicht leiden, wenn man mir vom Gang hereinschaut,�
sagte der Mann, der wieder an seinem Koffer arbeitete, �da l�uft jeder
vorbei und schaut herein, das soll der Zehnte aushalten!� �Aber der Gang
ist doch ganz leer,� sagte Karl, der unbehaglich an den Bettpfosten
gequetscht dastand. �Ja, jetzt,� sagte der Mann. �Es handelt sich doch
um jetzt,� dachte Karl, �mit dem Mann ist schwer zu reden.� �Legen Sie
sich doch aufs Bett, da haben Sie mehr Platz,� sagte der Mann. Karl
kroch, so gut es ging, hinein und lachte dabei laut �ber den ersten
vergeblichen Versuch, sich hin�berzuschwingen. Kaum war er aber im Bett,
rief er: �Gottes Willen, ich habe ja ganz meinen Koffer vergessen!� �Wo
ist er denn?� �Oben auf dem Deck, ein Bekannter gibt acht auf ihn. Wie
hei�t er nur?� Und er zog aus einer Geheimtasche, die ihm seine Mutter
f�r die Reise im Rockfutter angelegt hatte, eine Visitkarte.
�Butterbaum, Franz Butterbaum.� �Haben Sie den Koffer sehr n�tig?�
�Nat�rlich.� �Ja, warum haben Sie ihn dann einem fremden Menschen
gegeben?� �Ich hatte meinen Regenschirm unten vergessen und bin
gelaufen, ihn zu holen, wollte aber den Koffer nicht mitschleppen. Dann
habe ich mich auch noch verirrt.� �Sie sind allein? Ohne Begleitung?�
�Ja, allein.� �Ich sollte mich vielleicht an diesen Mann halten,� ging
es Karl durch den Kopf, �wo finde ich gleich einen besseren Freund.�
�Und jetzt haben Sie auch noch den Koffer verloren. Vom Regenschirm rede
ich gar nicht.� Und der Mann setzte sich auf den Sessel, als habe Karls
Sache jetzt einiges Interesse f�r ihn gewonnen. �Ich glaube aber, der
Koffer ist noch nicht verloren.� �Glauben macht selig,� sagte der Mann
und kratzte sich kr�ftig in seinem dunklen, kurzen, dichten Haar, �auf
dem Schiff wechseln mit den Hafenpl�tzen auch die Sitten. In Hamburg
h�tte Ihr Butterbaum den Koffer vielleicht bewacht, hier ist
h�chstwahrscheinlich von beiden keine Spur mehr.� �Da mu� ich aber doch
gleich hinaufschaun,� sagte Karl und sah sich um, wie er hinauskommen
k�nnte. �Bleiben Sie nur,� sagte der Mann und stie� ihn mit einer Hand
gegen die Brust, geradezu rauh, ins Bett zur�ck. �Warum denn?� fragte
Karl �rgerlich. �Weil es keinen Sinn hat,� sagte der Mann �in einem
kleinen Weilchen gehe ich auch, dann gehen wir zusammen. Entweder ist
der Koffer gestohlen, dann ist keine Hilfe, oder der Mensch bewacht ihn
noch immer, dann ist er ein Dummkopf und soll weiter wachen, oder er ist
blo� ein ehrlicher Mensch und hat den Koffer stehen gelassen, dann
werden wir ihn, bis das Schiff ganz entleert ist, desto besser finden.
Ebenso auch Ihren Regenschirm.� �Kennen Sie sich auf dem Schiff aus?�
fragte Karl mi�trauisch und es schien ihm, als h�tte der sonst
�berzeugende Gedanke, da� auf dem leeren Schiff seine Sachen am besten
zu finden sein w�rden, einen verborgenen Haken. �Ich bin doch
Schiffsheizer,� sagte der Mann. �Sie sind Schiffsheizer!� rief Karl
freudig, als �berstiege das alle Erwartungen, und sah, den Ellbogen
aufgest�tzt, den Mann n�her an. �Gerade vor der Kammer, wo ich mit den
Slowaken geschlafen habe, war eine Luke angebracht, durch die man in den
Maschinenraum sehen konnte.� �Ja, dort habe ich gearbeitet,� sagte der
Heizer. �Ich habe mich immer so f�r Technik interessiert,� sagte Karl,
der in einem bestimmten Gedankengang blieb, �und ich w�re sicher sp�ter
Ingenieur geworden, wenn ich nicht nach Amerika h�tte fahren m�ssen.�
�Warum haben Sie denn fahren m�ssen?� �Ach was!� sagte Karl und warf die
ganze Geschichte mit der Hand weg. Dabei sah er l�chelnd den Heizer an,
als bitte er ihn selbst f�r das Nichteingestandene um seine Nachsicht.
�Es wird schon einen Grund gehabt haben,� sagte der Heizer und man wu�te
nicht recht, ob er damit die Erz�hlung dieses Grundes fordern oder
abwehren wollte. �Jetzt k�nnte ich auch Heizer werden,� sagte Karl,
�meinen Eltern ist es jetzt ganz gleichg�ltig, was ich werde.� �Meine
Stelle wird frei,� sagte der Heizer, gab im Vollbewu�tsein dessen die
H�nde in die Hosentaschen und warf die Beine, die in faltigen,
lederartigen, eisengrauen Hosen steckten, aufs Bett hin, um sie zu
strecken. Karl mu�te mehr an die Wand r�cken. �Sie verlassen das
Schiff?� �Jawohl, wir marschieren heute ab.� �Warum denn? Gef�llt es
Ihnen nicht?� �Ja, das sind die Verh�ltnisse, es entscheidet nicht
immer, ob es einem gef�llt oder nicht. �brigens haben Sie recht, es
gef�llt mir auch nicht. Sie denken wahrscheinlich nicht ernstlich daran,
Heizer zu werden, aber gerade dann kann man es am leichtesten werden.
Ich also rate Ihnen entschieden ab. Wenn Sie in Europa studieren
wollten, warum wollen Sie es denn hier nicht? Die amerikanischen
Universit�ten sind ja unvergleichlich besser als die europ�ischen.� �Es
ist ja m�glich,� sagte Karl, �aber ich habe ja fast kein Geld zum
Studieren. Ich habe zwar von irgendjemandem gelesen, der bei Tag in
einem Gesch�ft gearbeitet und in der Nacht studiert hat, bis er Doktor
und ich glaube B�rgermeister wurde, aber dazu geh�rt doch eine gro�e
Ausdauer, nicht? Ich f�rchte, die fehlt mir. Au�erdem war ich gar kein
besonders guter Sch�ler, der Abschied von der Schule ist mir wirklich
nicht schwer geworden. Und die Schulen hier sind vielleicht noch
strenger. Englisch kann ich fast gar nicht. �berhaupt ist man hier gegen
Fremde so eingenommen, glaube ich.� �Haben Sie das auch schon erfahren?
Na, dann ist's gut. Dann sind Sie mein Mann. Sehen Sie, wir sind doch
auf einem deutschen Schiff, es geh�rt der Hamburg-Amerika-Linie, warum
sind wir nicht lauter Deutsche hier? Warum ist der Obermaschinist ein
Rum�ne? Er hei�t Schubal. Das ist doch nicht zu glauben. Und dieser
Lumpenhund schindet uns Deutsche auf einem deutschen Schiff. Glauben Sie
nicht� -- ihm ging die Luft aus, er fackelte mit der Hand -- �da� ich
klage, um zu klagen. Ich wei�, da� Sie keinen Einflu� haben und selbst
ein armes B�rschchen sind. Aber es ist zu arg!� Und er schlug auf den
Tisch mehrmals mit der Faust und lie� kein Auge von ihr, w�hrend er
schlug. �Ich habe doch schon auf so vielen Schiffen gedient� -- und er
nannte zwanzig Namen hintereinander als sei es ein Wort, Karl wurde ganz
wirr -- �und habe mich ausgezeichnet, bin belobt worden, war ein Arbeiter
nach dem Geschmack meiner Kapit�ne, sogar auf dem gleichen Handelssegler
war ich einige Jahre� -- er erhob sich, als sei das der H�hepunkt seines
Lebens -- �und hier auf diesem Kasten, wo alles nach der Schnur
eingerichtet ist, wo kein Witz erfordert wird, hier taug' ich nichts,
hier stehe ich dem Schubal immer im Wege, bin ein Faulpelz, verdiene
hinausgeworfen zu werden und bekomme meinen Lohn aus Gnade. Verstehen
Sie das? Ich nicht.� �Das d�rfen Sie sich nicht gefallen lassen,� sagte
Karl aufgeregt. Er hatte fast das Gef�hl davon verloren, da� er auf dem
unsicheren Boden eines Schiffes, an der K�ste eines unbekannten Erdteils
war, so heimisch war ihm hier auf dem Bett des Heizers zumute. �Waren
Sie schon beim Kapit�n? Haben Sie schon bei ihm Ihr Recht gesucht?� �Ach
gehen Sie, gehen Sie lieber weg. Ich will Sie nicht hier haben. Sie
h�ren nicht zu was ich sage und geben mir Ratschl�ge. Wie soll ich denn
zum Kapit�n gehen!� Und m�de setzte sich der Heizer wieder und legte das
Gesicht in beide H�nde.

Previous Page | Next Page


Books | Photos | Paul Mutton | Thu 28th Mar 2024, 13:50